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Rückblick - Zappanale #12


Zappanale #12

Bilder von der Zappanale #12

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Zappanale #12 - Bilder



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Zappanale 12 - 2001

 

Im Begleitheft zum Jazzfestival stand es auf der ersten Seite. Im Vorfeld zum Hippiefestival klang es bereits seit 2 Jahren durch und auf der Zappanale wurde es zum Auftakt verlesen:
alle Veranstalter haben zumindest daran gedacht, aufzuhören. Zum einen liegt es an den Hürden, die übersprungen werden wollen und daran, am Ende nicht zu wissen, ob die eingenommenen Finanzen, die Begeisterung der Besucher, die Ausstattung des Festivals, der Ärger mit sonstwie ausrastendem/trunkenen/bekifften Publikum sowie die eigene Faszination an der Musik sich ausreichend im Gleichgewicht halten.

Bisher jedoch fanden alle Festivals weiterhin statt. Potentieller Organisatoren - Nachwuchs mit neuen Ideen und Begeisterung für Jazz / Rock und Zappa steht nicht Schlange, soviel ist sicher.
Die Galopprennbahn in Bad Doberan hatte sich dieses Jahr wieder herausgeputzt. Nicht für Damen mit ausgeflippten, teuren Hüten, sondern für Zappa-Freaks, die auch schon mal aus Großbritannien, Frankreich, Schweden oder Holland angereist waren, um diesem Event der besonderen Art beizuwohnen.
Die Ausstattung des Geländes und der Bühne, Technik, Platten-, Fress- und Saufstände gehen einher mit der Akzeptanz der dortigen Bevölkerung, die sich dem Häuflein Aufrechter im Geiste Frank Zappas aufgeschlossen und freundlich zeigen. Tendenz steigend. So steigend gar, dass der Traum der Zappaisten, ein Denkmal für Frank Zappa in Bad Doberan aufstellen zu können, aller Wahrscheinlichkeit nach im nächsten Jahr gar umgesetzt werden wird.

Grund zur Freude also, obwohl hinter den Kulissen größere und kleinere Probleme toben - allein die finanzielle Ausstattung des Festivals, durch den Verein "The Arf-Society" getragen, dürften zu Kopfschmerzen geführt haben. Etwa 500/600 Gäste waren gekommen - ob das ausreicht, alle Kosten abzudecken, darf bezweifelt werden.
Die Liste der Bands, die in diesem Jahr geladen waren, klang vielversprechend. Eröffnet haben am Freitag "Things That Looks Like Meat" aus dem Kölschen Raum, die mich nicht überzeugen konnten. Zu undifferenziert und aufgesetzt spielte die Band, zwar mit viel Humor, aber ohne das technische Vermögen, Zappa´s komplexe Stücke annähernd interessant zu interpretieren. Zwar war die Band nicht wirklich schlecht, aber es reichte nicht, anspruchsvolle und verwöhnte Zappa-Fans vom Hocker zu holen.
So war der Applaus eher spärlich.

Dafür entpuppte sich das Vokal-Ensemble "Die Beistelltische", ebenfalls aus Deutschland, als echter Knüller. Zwar sangen die 5/6/7 Herren (hab´ nicht so genau gezählt) nicht nur Zappa, sondern hatten ein vielfältiges Angebot mitgebracht. Doch ob nun die Zappa-Stücke oder Anderes, die Sänger hatten das Publikum schnell auf ihrer Seite. Die hervorragend aufeinander abgestimmten Vokalisten interpretierten "Billy The Mountain" in eigener, freier Übersetzung sowie Popstücke, die durch das rein vokalise Arrangement eine witzige Dimension bekamen.

Der letzte Act des Abends war "Chris der Berg" aus Österreich, die ihr Konzert gleich zu Beginn fast abbrachen, weil ein völlig idiotischer Punk die Band anbrüllte und mit Bier bespritzte. (Nachdem der Punk noch mich und einige Andere belästigte, wurde er schließlich von Ordnern vom Gelände geholt - und ich hoffe, sie haben ihn in den nächsten Misthaufen gestukt.)

Wunderbarer Weise gab es eine Vibraphonistin, die wie Ruth Underwood aussieht und ihre Instrumente fein zu Gehör brachte. Zwar war ihre Art, die Mallets zu spielen, der unglaublichen und schier unerreichbaren Virtuosität von Ruth nicht zu vergleichen, doch sie ist auf dem richtigen Weg, ihr großartiges Equipement einzusetzen. "Chris der Berg" war die erste Band dieses Jahres, die Zappa´s hochkarätiges Repertoire ausgezeichnet spielte und ein langes Konzert gab, ohne Noten für die komplexe Musik zu benötigen.

Am Samstag gab es ein Mittagskonzert einer süddeutschen Truppe, die Zappa´s Jazzrock mal original, mal verfremdet und mal völlig fremd mit HipHop- und anderen Einflüssen servierte. Später am Abend zeigte sich, dass es ein Projekt von "Beat The Boots" war, die in lockerer, improvisativer Art die Musik von Zappa in ihre lockere Musiksprache übersetzten. Anschließend ging es auf zum Strand (ähm, ohne Bands).
Irgendwann wurde es Abend, ein paar Wolken hatten wenige Regentropfen auf die Frontscheibe klatschen lassen, doch gleich schien die Sonne wieder. Auf der Bühne tat sich wenig, so dass der Soundmaster sich zum DJ machte und Musik mit und ohne Zappa abspielte. Hansi der Geiger von Dekadance gab Psychedelic auf Geige + Electronica zum Besten. Später, nach der ersten Band, bekamen wir die Möglichkeit, Jim Cohen zuzuhören, einem Amerikaner, der perfekt deutsch spricht.
Er übersetzte "Billy The Mountain" in humorvoller Weise, benutzte dazu neben der Musik themenrelevante Bilder und gab Geographisches und umfangreiches

Hintergrundwissen zum Besten. Zwar wurde seine sehr interessante Darbietung vom Soundcheck der kommenden Band gestört, aber die perfekte und humorvolle Art sammelte viele Zuhörer, die hin und wieder einige Schnipsel Wissen dazugaben, worauf Jim Cohen wie aus der Pistole geschossen reagierte.
Sein "Vortrag" war alles andere als steif, alles andere als deutsch und ein guter Einblick nicht nur in Zappa´s vielschichtige Lyrik-Welt, sondern auch in amerikanische Lebensart.

Doch vorher spielte das Jazz Projekt Hundehagen (D) sein Set. Die Jazz-Gitarre kam im Laufe des Konzertes immer mehr in den Rock, wie die Band ihre Zaghaftigkeit verlor und das Publikum langsam, aber stetig in den Bann zog. Leider waren die Interpretationen verschiedener Jazz- und Rockmusiker nicht immer gelungen.
Am unerträglichsten empfand ich das Billy Cobham Stück "Red Baron", das in seichtem Gedudel völlig unterging. Doch die Band konnte auch anders und ähnlich dem Holländer Jan Akkerman entwickelte die Band einen Gitarren dominierten Jazz, der feurigen Ausdruck fand.

Die anschließenden Famous Black House spielten inspirierten Hardrock, mal einen Zappa, aber auch allerlei Beliebiges. Trotzdem konnten sie das Publikum entzücken. Anschließend gab es einen Wechsel. Statt der angekündigten "The Children Of Invention" - die später spielen sollten - kamen Beat The Boots auf die Bühne. LP-Scratching, Rap-Gesang und HipHop - Rhythmus trafen auf zappesken Jazzrock, was eine gar interessante Melange war. Vor allem die Bläser warfen so manch inspiriertes Solo in die Musikerrunde.

Am Himmel zogen sich die Wolken zusammen. In der Ferne machten sich Blitze bemerkbar und die Luft wurde schwül. Als "The Children Of Invention" auf die Bühne traten - wieder mit einem Vibraphon, dessen Sound in ausdauerndem Soundcheck genauestens eingestellt worden war - regnete es allerdings noch nicht. Während der ersten Songs bereits wurde nicht nur mir bewusst, dass die Franzosen "The Children Of Invention" der Hauptact des Wochenendes werden sollte.

Mit welcher Magie sie ziemlich original und ohne jegliche Modernismen die Inspiration Zappa´s eingesogen und interpretiert haben, war wahrhaft beeindruckend. Und obwohl sich bald der Regen über die Galopprennbahn ergoss und das Publikum unter das riesige Zelt flüchtete, wie eine große dunkle Masse gegenüber der hellerleuchteten Bühne inmitten der Regenfäden, floh niemand.

Die Band war ob des Wetters völlig unbeeindruckt und faszinierte das Publikum. Bald verzog sich der Regen wieder. Vor der Bühne drängten sich die Zuhörer und "The Children Of Invention" spielten ein VIERSTÜNDIGES, perfekt aufeinander abgestimmtes Set vom Feinsten. Ihre Gitarrensoli, ihre rhythmisch-agogischen Zentren und die humorvollen Passagen waren ein wahrer Genuss.

Irgendwann am nächsten Tag wurde ich wieder wach und mir klangen die Ohren nach. Mir wurde bewusst, dass es wieder ein Jahr dauern würde, bis zur nächsten Zappanale. Im folgenden Jahr mit der (wahrscheinlichen) Denkmalsenthüllung. Ich glaube, da werden so manche hartgesottenen Rocker doch weich und ein paar Tränen laut ins Taschentuch schneuzen.

Volkmar Mantei

 

 

Artikel in der Ostsee Zeitung

Zappa geriet a capella zum Ohrenschmaus
Abwechslungsreiche 12. Zappanale in Bad Doberan
Von PATRICK TIEDE

Bad Doberan (OZ) Der Mann war und ist ein Querulant. Auf Erden wie im Jenseits. Der" Beweis" für Letzteres: Seit über zehn Jahren treffen sich im Juli Anhänger des 1993 verstorbenen Frank Zappa, um ihm auf der "Zappanale" gehörig zu huldigen. Und regelmäßig öffnet der Himmel dann seine Schleusen und sendet Regengüsse.

Bei der zwölften Auflage am vergangenen Wochenende zürnte der Meister gar mit Blitz und Donner über der Bad Doberaner Galopprennbahn. Ob es den "Beistelltischen" aus Göttingen, musikalischer Hohepunkt des Freitags, galt?

Ein paar Mikros und ihre gut trainierten Stimmbänder reichten den sechs Herren, um Zappa-Songs a capella zu intonieren. "De-Ding-De-Dang-De-Duff" geräuschte da einer, der sich für das Schlagzeug hielt. "Dimm-Dümm-Dimm" intonierte der Kontrabass-Partner im Tiefenbereich. Unvermeidlich bei derartigen Darbietungen: die Trompete. Steffen Burger solierte mit dicken Backen auf seinem nicht vorhandenen Blasinstrument zwischen Marsch und ungezügeltem Free-Jazz.

Ob das albern ist? Nein! Vor allem deshalb nicht,weil dem die unerhörte Qualität der Darbietung im Wege stand. Besonders die eigentlichen Gesangsmelodien gerieten in mehrstimmiger Vortragsweise zu einem Ohrenschmaus.

Im Vergleich dazu mussten die nachfolgenden "Chris der Berg" mit ihrer auf "CD-Authentizität" bedachten Attitüde wie ein Instant-Menü für entsprechende Erwartungshaltungen wirken. Hier gab es nichts zu verhandeln, der erste Höreindruck gaukelte die perfekte Zappa-Kopie vor. Problematisch wurde es, wenn einzelne Instrumentalisten dem Drang erlagen, sich von der auferlegten Unmündigkeit zu emanzipieren. Der Raum für echte Kreativität war sehr begrenzt.

Derlei Sorgen hatten die Bandmitglieder von "Beat The Boots" noch nie. Wer Scratches vom Plattenteller mit Saxophon-Improvisationen und dreckigen Rockgitarren mixt, umgibt sich freimütig mit dem Hauch des Nonkonformistischen. Im Vorjahr schoss die Band dabei noch gelegentlich über das Ziel hinaus. Anno 2001 hatte man eine überzeugende Lösung: Sängerin Anja Tittman wirkte als Antipode mit entrückter Stimme und gehöriger Nonchalance mehr denn je beschwichtigend auf ihre explosiven Mitstreiter.

Getoppt wurde dies alles nur noch von einer jungen Franzosenband. Die "Mothers Of Invention" kamen gegen Mitternacht, nahmen sich selbst nicht sehr wichtig und spielten bis in die frühen Morgenstunden. Am Anfang Zappa, später alles, was ihnen einfiel. Und so gab es irgendwann keine Pausen mehr, keine Ansagen, keine Erklärungen. Nur noch Klänge von hochbegabten Musikern, die ihre Sache unglaublich lieben. Und die sich und ihr Publikum immer wieder bei einem der exzentrischsten Protagonisten des Genres trafen: Frank Zappa